Meine Lebenslehrer
„I have given him life!“ (David Hoben)
Der Segen
Wie viele freundliche Blicke schauen auf Dich aus dem Jenseits?
Wer hat Dir seinen wohlwollenden Segen auf Deinen Weg mitgegeben?
Wessen Erbe hast Du angetreten, und wessen Werk führst Du fort?
Wer gab Dir Mut und Zuversicht und Glaube an Dich?
Wessen Stimmen sprechen aus Deinen Worten?
Und welcher Segen und wessen Kraft fließt durch Dich?
Sei der Brunnen, der alle Gaben dankbar auffängt,
Und der Brunnen, der der aus vielen Quellen gespeist wurde,
Und in Er-inner-ung alles weitergibt, was zu ihm floss!
Sei das Medium, durch das, mitten durch, der Strom fließt.
Nehme und gebe in stiller Gnade und Demut.
Wirke als Werkzeug des segenvollen Vermächtnisses.
(Sepp Schleicher)
Bert Hellinger, Osho, Waldhannes, Lore Perls, seine Eltern – sie alle sind ihm immer präsent. Sie sind stets neben ihm. Was immer Sepp Schleicher spricht, und was immer er tut, er weiß immer ganz genau, von wem das gerade kommt. Und dadurch hat das eine so große Kraft, gerade weil es nicht aus ihm kommt, sondern von viel weiter her.
In seinem Jahresprogramm sind als Lebenslehrer noch sein Großvater väterlicherseits und dessen dritte Frau, die er als Großmutter kennengelernt hat, die aber nicht seine leibliche Großmutter war.
Auch sie haben ihm einen unglaublich starken Segen mitgegeben und sind auch sehr starke Lebenslehrer.
So ist zum Beispiel die Uhrenkette, die Sepp Schleicher eigentlich immer trägt etwas, was ihn mit seinem Großvater verbindet. Er trägt sie ihm zu Ehren und ihm zur Erinnerung.
Sepp Schleicher erzählt oft, dass eigentlich bei der Begegnung mit jedem von diesen Lebenslehrern ein Stück Ego in ihm gestorben sei und ein Stück Ego zerstört worden sei, und dadurch immer etwas Größeres in ihm zu Tage kam. Und dass eine unglaubliche Liebe von allen Lebenslehrern zu ihm fließe.
Wichtig ist es ihm zu dem Thema noch darzustellen, dass es auch einige Frauen gibt, die ihm Lebenslehrer waren, die ihn als Mann in Beziehung zu Frauen verändert haben. Man müsse da sehr aufpassen, wenn man von Lehrern rede, dass man eine weibliche Art von Belehrung nicht vergesse, weil bei Lehrern denke man immer erst an etwas Männliches, Dominantes oder Lehre Erteilendes. Aber es gebe für ihn auch eine feinere weibliche Art.
Eltern – Anneliese und Ernst Schleicher
„Meine beiden Eltern sind für mich meine ersten und sehr wesentliche Lebenslehrer. Mein Vater hat mit mir sehr viel darüber geredet, wie er das mit den Frauen hält, dass er noch nie mit einer Frau geschlafen hat, die er nicht liebt. Und das hat er auch immer vorgelebt. Meine Mutter, die hat er vergöttert. Und da bin ich ihm sehr dankbar. Ich war schon relativ alt, so 26, bis ich dann in vollem Maß meinen Vater begriffen habe. Meine Mutter hat schon mal sehr aktiv eingegriffen, wenn ich aus ihrer Sicht mit einer Frau unschön umgegangen bin. Das hat mich damals sehr beschämt. Heute bin ich dafür sehr dankbar. Also – alles Grundlegende über Mann und Frau habe ich von meinen Eltern gelernt.“
Großvater Karl Schleicher mit seiner dritten Frau Liesl
Sepp Schleicher beschreibt, dass er von seinem Großvater und dessen dritter Frau, die er als Großmutter kennengelernt hat, die aber nicht seine leibliche Großmutter sei, einen unglaublich starken Segen mitbekommen habe. Beide sind für ihn starke Lebenslehrer. Seinem Großvater zu Ehren trägt er immer eine Taschenuhr mit Uhrenkette, genauso wie sein Großvater das getan hat.
Bert Hellinger
Sepp Schleicher berichtet immer wieder aus seiner Zeit mit seinem Lehrer und Lebenslehrer Bert Hellinger, den er ganz früh getroffen und mit dem er 30 Jahre gearbeitet habe. Für ihn ist Bert Hellinger, was die therapeutische Arbeit betrifft, der Allerwichtigste. Zuerst habe er mit Hellingers Hilfe die Unordnung im eigenen Leben lösen und befrieden können. Er würdigt und nutzt das Setting, dass man miteinander in einer Gruppe eine Lösung sucht für einen Einzelnen, zutiefst. Er weist darauf hin, dass dadurch ganz tiefe Bande entstehen. Er empfiehlt das Familienstellen zur Gründung und Pflege von Gemeinschaften.
Er erinnert sich an zutiefst menschliche und freundschaftliche Unterstützung durch Bert Hellinger. Als die Vereinigung der Systemischen Familientherapeuten ihn hinaus geschmissen hat, da hat er Bert Hellinger angerufen und ihm wütend erzählt davon. Bert Hellingers Antwort: „Bei mir bist Du immer willkommen.“
Josef Zinker
Lore Perls
Sepp hatte es geschafft, schon während seines Studiums mit der Gestalttherapieausbildung beginnen zu dürfen. Er hatte das Glück direkt bei Lore Perls lernen zu dürfen, damals eine der wichtigsten Gestaltlehrerinnen. Sie hat ihn sehr gemocht und gefördert.
Bei einem der letzten Seminare, das er bei Lore Perls absolviert hat, da hatte er, ohne dass er es recht bemerkt hatte, die Gruppe sehr geführt. Und irgendwann kam dann Widerstand aus der Gruppe. Sie hätten schließlich ein Seminar bei der Lore Perls gebucht und nicht bei Sepp Schleicher. Lore Perls stellte daraufhin richtig: „Lasst den Sepp mal. Ich würde mich schon rühren, wenn er das nicht in meinem Sinne machte. Er macht das ganz wie ich.“
Osho
Seine erste Berührung mit Osho hatte Sepp während seines Studium. „Gott sei Dank!“, sagt er heute. Er hatte ja schon sehr früh angefangen, selbst Therapie zu geben, aber auch gezweifelt, ob das zu etwas führen werde. Ihm war es von Anfang an daran gelegen, den Stolz der Menschen bloßzustellen. Von Osho hat er dann das Wort Ego gehört und sich zu eigen gemacht. Damals ist ihm klar geworden, dass man einen Weg finden muss, dass jemand sein Ego entlarvt und sich immer weniger damit identifiziert. Wichtig ist es, stattdessen den Beobachter und Zeugen zu etablieren. Er sagt heute, dass er Osho unendlich dankbar sei dafür, von ihm die Bestätigung für seinen inneren Impuls und seine therapeutische Arbeit erhalten zu haben. Das ist bis heute ein Zentrum seiner Arbeit geblieben.
Richard Bandler
Sepp Schleicher hat sich auch Richard Bandler, den Hypnoselehrer und Begründer der Hypnotherapie, zum Lehrer gewählt. Den beschreibt er als äußerst kompromisslos und auch furchteinflößend. Wenn er jemandem einen Eindruck von diesem Menschen vermitteln will, dann erzählt er diese Episode.
Richard Bandler hatte einmal einen Patienten, der fest überzeugt war Jesus zu sein. Eines Tages ist er mit 2 Balken, Nägeln und Hammer in das Zimmer des Klienten gegangen und hat angefangen ein Kreuz zu nageln. Nachdem der Klient eine Weile zugeschaut hatte, fragte der ihn, was er da denn mache. Bandler hat ihm erklärt, dass er ein Kreuz für ihn nagele. Nachdem er Christus sei, müsse er ans Kreuz geschlagen werden. Erst dann würde er seiner Geschichte gerecht werden. Der Klient habe sich sofort von seinem Jesus-Sein distanziert.
David Hoben
David Hoben war ein amerikanischer Therapeut, auch Jude, der während der Gestaltausbildung so drei Wochen mit Sepp gearbeitet hat. Er berichtet von einer Arbeit, die David Hoben mit ihm gemacht habe und die damals eine entscheidende Weichenstellung für ihn bedeutete:
„Da hatte ich noch so ein Ziegenbärtlein, das aber noch für so ein bisschen Arroganz stand. Und er hat eines Tages zu mir gesagt: „Ich arbeite nur mit Dir, wenn Du Dir diesen Bart rasierst.“ Und ich sehe mich heute noch vor dem Spiegel stehen heulend diesen Bart abschneiden. Also – er hat aber genau getroffen. Das ging dann ganz schnell. Das war in dem Moment schon so, dass etwas abgefallen ist, ein Stück Steifheit, ein Stück Starrheit, ein Stück Enge. Und dann gegen Ende von diesen drei Wochen – das war in so einem französischen Schloss, und da standen so Steinsäulen vor dem Schloss – hat er sich splitternackt ausgezogen und ist auf so eine Säule hoch und hat dort posiert und hat geschrien: „I have given him life!“
Alfons Limbrunner
Waldhannes
Den Waldhannes nennt Sepp Schleicher seinen kuriosesten Lehrer. In der Fränkischen Schweiz gibt es den sogenannten Druidenhain. Dort hatte Sepp Schleicher ein Seminar angeboten. In der Vorbereitungszeit hatte er gelesen, es gebe jemanden, der ein Experte für den Druidenhain sei. Das war der Waldhannes. Er hatte ihn eingeladen zum Seminar mit der Bitte, dass er alle an seinem Wissen teilhaben lasse. Der Waldhannes hat Sepp Schleicher sehr beeinflusst. Und nach all den Jahren der Verbundenheit hat er Sepp Schleicher sogar zu seinem Nachfolger gewählt.
Sepp Schleicher berichtet, dass es ganz erstaunlich sei, dass er sich vom Waldhannes immer wieder geleitet fühle, dass da eine ganz seltsame Verbindung sei. Er fühle sich vom Waldhannes immer wieder geführt. Als er 2000 querschnittgelähmt im Krankenhaus gelegen sei und sich gedacht habe, jetzt sei alles vorbei, habe er nachts nicht schlafen können vor Schmerzen. Er habe mit dem Kopfhörer Wagnermusik gehört. Da sei plötzlich der Waldhannes neben ihm gesessen. Der war zu diesem Zeitpunkt schon gestorben. Und er habe gesagt: „Mach Dir keine Sorgen. Das ist nur eine schamanistische Reise.“ Und dann sei er wieder weg gewesen. Der Waldhannes habe ihn ein paarmal eingeladen zu sich in sein Allerheiligstes. Er werde bis heute eng begleitet von all dem, was er ihm gesagt und gezeigt habe.
Sepp Schleicher hatte oft das Gefühl vom Waldhannes geprüft zu werden und durch alle Prüfungen durchzufallen. Er sollte beispielswiese porbieren, ob er mit Wünschelruten arbeiten kann. „Nicht im Traum konnte ich das.“, sagt Sepp Schleicher dazu. Durch alle diese Tests sei er durchgerasselt. Der Waldhannes hat sich überhaupt nicht dafür interessiert. Er war damals schon ein ganz alter Mann. Eines Tages hat er Sepp einen kleinen Brief geschrieben. Und da stand geschrieben: „Ich möchte Ihnen das Du anbieten. Und ich möchte Dich bitten, dass Du der Nachlassverwalter von mir bist, und dass Du alle meine Schriften übernimmst.“ Sepp Schleicher konnte das nicht fassen. Immer wenn er im Arbeitszimmer des Waldhannes gewesen war, war da eine ganze Wand mit Aktenordnern in der kleinen Schrift des Waldhannes beschrieben: „Oh Gott, ich würde da gerne mal einen Blick reinwerfen und sehen, was der da alles gesammelt hat.“ Das viel Wichtigere ist für Sepp Schleicher jedoch der unglaubliche Segen, der vom Waldhannes ausging, diesem vollkommen eigenwilligen und eigenartigen Menschen. Der Waldhannes war ursprünglich Förster gewesen. Man sah ihn mit immer mit seinem speckigen Försterhut. Er hatte ein tiefes uraltes Wissen.
Gespräch mit Sepp zum Thema seine Lebenslehrer
20.11.2020 – Gespräch mit Sepp zum Thema seine Lebenslehrer
Govinda
Ich habe für mich überlegt – was bedeutet Lebenslehrer? Es ist ja nicht jeder Lehrer, beispielweise ein Schullehrer, auch ein Lebenslehrer. Ich habe gemerkt, dass es ganz gefühlsmäßige Antworten zu einzelnen Menschen gibt, die ich aber gar nicht so recht erklären kann. Das Intimste vielleicht ist, dass ich merke, meine Mutter ist auf jeden Fall für mich Lebenslehrer. Bei meinem Vater merke ich, da gibt es kein Ja. Den liebe ich ja so sehr. Aber aus irgendwelchen Gründen – den habe ich geliebt – ich kann gar nicht sagen warum. Und dann gibt es Menschen, die mir sofort einfallen aus der Vergangenheit, aus meiner Kindheit. Und ich merke, dass das immer jemand war, der etwas bestärkt hat in mir. Wo ich im Rückblick das Gefühl habe, der hat etwas gesehen, was ich noch nicht gesehen hatte und auch sonst keiner. Der hat das einfach unterstützt. Und ich wollte Dich bitten mir von Deinen Lebenslehrern zu erzählen. Und Du wirst genau wissen, warum sie Dir Lebenslehrer sind.
Sepp
Na ja – bei mir sind es schon beide Eltern. Aber das liegt natürlich auch viel daran, dass ich meinen Vater länger hatte als Du. Und hätte ich ihn so früh verloren, wäre er es sicher auch noch nicht gewesen. Das habe ich ja öfters mal in der Gruppe erzählt. Er hat mit mir ganz viel darüber geredet, wie er das mit den Frauen hält, dass er noch nie mit einer Frau geschlafen hat, die er nicht liebt. Und das hat er auch immer vorgelebt. Meine Mutter, die hat er vergöttert. Und da bin ich ihm sehr dankbar. Also alles Grundlegende über Mann und Frau habe ich von meinen Eltern gelernt.
Und dann war schon ein wichtiger Lehrer der Alfons Limbrunner, ein Dozent in der Fachhochschule. Der ist jetzt schon vor ein paar Jahren gestorben. Wobei man da eher sagen muss, dass er mich sehr gefördert hat und sehr ermuntert hat. Ich habe schon im 3. Semester selber Veranstaltungen durchgeführt, wo wir sogar Scheine vergeben durften. Und dann war eben das, dass ich als erster eine Gruppen-Diplom-Abschlussarbeit machen konnte. Zu viert waren wir insgesamt. Und dann war die glückliche Fügung, dass ich schon während der ersten Semester Gestalttherapie kennengelernt habe und sofort wusste, das will ich unbedingt haben in meinem Leben, dass ich mich finde in so einer Atmosphäre von Wahrhaftigkeit und Direktheit. Ich habe das geliebt, dass in so einer Gestaltgruppe all die Masken und Rollen wegfallen, und die Wirklichkeit zu Tage kommt. Und wie mir das dann gelungen ist, dass ich die Ausbildung anfangen konnte, das ist mir bis heute ein Rätsel, obwohl abgeschlossenes Studium Voraussetzung ist, 2 Jahre Berufserfahrung und ein gewisses Alter – alles drei hatte ich in keiner Weise.
... fortsetzung
Govinda
Die Frau in dem Programm – ist das die Lore Perls?
Sepp
Ja genau – das war so eine der wichtigsten Gestaltlehrerinnen, die mich auch sehr gemocht hat und gefördert hat. Und dann die Ann Simkins. Das war die Leiterin vom Esalen-Insitut in Kalifornien. Und die hatte mir dann ja angeboten, ich soll mit ihr nach Kalifornien gehen und irgendwann die Leitung vom Esalen-Institut übernehmen. Das war damals das weltbekannteste Therapiezentrum in der Welt. Aber da war ich dann schon mit dem Landleben beschäftigt und hatte den Hof gekauft. Dann konnte ich mir das nicht vorstellen. Aber das waren zwei wichtige Lehrerinnen
Und dann kam schon während dem Studium der Osho. Gott sei Dank! Wo ich an so vielem gezweifelt habe in der Therapie, ob das zu etwas führt, und ich schon immer so in die Richtung gearbeitet habe, dass ich den Stolz von jemandem bloßgelegt habe, und er später dann das Wort Ego dazu hatte. Und mir letztlich dann klar wurde, dass man einen Weg findet, dass jemand sein Ego entlarvt und sich nicht mehr damit identifiziert sondern immer mehr der Beobachter und Zeuge wird. Und da bin ich dem Osho unendlich dankbar dafür, dass ich Bestätigung gekriegt habe für die Art von Arbeit, die ich eh´ gemacht habe.
Und dann kam ganz schnell auch der Bert Hellinger. Und das war dann was die therapeutische Arbeit betrifft der Allerwichtigste. Da war ich dann ganz früh bei dem, insgesamt über 30 Jahre. Und das hat mir auch sehr viel für mich gegeben. Erst einmal für mich selber, dass ich die Unordnung, die ich so hatte, befrieden konnte und lösen konnte. Ja –das Familienstellen beim letzten Seminar, da hat man es wieder gesehen: Was für eine geniale Art von Arbeit. Erstens wirklich zu begreifen, wie sehr wir verstrickt sind oder verbunden sind, in Liebe verbunden sind mit Vorfahren. Aber dann auch dieses Setting, dass man miteinander in einer Gruppe eine Lösung sucht für einen Einzelnen. Und dass dadurch aber auch ganz tiefe Bande entstehen. Ich staune eigentlich, dass es nicht mehr Gemeinschaften gibt, die durchs Familienstellen entstehen. Und ich finde, das ist ein unbedingtes Element vom Familienstellen. Ich staune immer wieder, wie keiner vergisst. „Ah, ich war vor 10 Jahren einmal deine Mutter in einer Aufstellung“, „Ich war dein Vater.“ – oder, oder, oder, also dass man ja immer auch eine ganz intensive Beziehung mit demjenigen hat, für den man aufstellt. Und dann kann man ja viel damit spielen wie bei Akashas Arbeit, wo ich dann den Manuel und den Julian als Brüder dazu geholt habe, um dann eben weiter auch an deren Bund zu arbeiten. Der Bert Hellinger war einer – genauso wie der Osho – für den ich alles gemacht hätte, alles auch aufgegeben hätte.
Und sehr, sehr wichtig war mir auch der Josef Zinker. Das ist ein jüdischer Therapeut, der in Amerika lebt auch, bei dem ich auch viele Seminare gemacht habe, den ich auch sehr geliebt habe.
Govinda
Was macht der für Arbeit, Sepp?
Sepp
Ja, der macht Gestalttherapie erstmal. Das war ein Schüler von Fritz Perls. Und hat dann aber noch Kunsttherapieelemente mit hineingenommen. Aber letztlich war das immer genau die Liebe zu solchen Männern, die dann letztlich mein Ego hat sterben lassen. Wo dann Situationen waren, bei dem zum Beispiel, wo ich gedacht habe, ich tät mein Leben geben für ihn. (Sepp steht auf und geht an sein Bücherregal) Der steht hier – hier steht er! (gibt mir ein kleines gerahmtes Porträtfoto)
Govinda
Ein freundliches Lachen hat der.
Sepp
Ja!
Govinda
Und du warst dann immer auch in Amerika für die ganzen Seminare?
Sepp
Nein, der kam immer nach Europa – Frankreich und die Schweiz und nach Deutschland.
Ja und ein ganz kurioser Lehrer – ich weiß nicht, wie weit du die Geschichte von dem Druidenhain kennst. In der Fränkischen Schweiz da gibt es einen Druidenhain. Und ich hatte irgendwann dort ein Seminar gemacht und hatte gelesen, da gibt es jemand, der ein Experte für diesen Druidenhain sei. Und den hatten wir eingeladen, dass er uns den erklärt. Und der hat mich dann auch sehr beeinflusst und sehr beeindruckt. Und der hat mich dann zu seinem Nachfolger gewählt.
Govinda
Ist das der Waldhannes, von dem Du erzählt hast?
Sepp
Der Waldhannes, genau. Und da ist es ganz erstaunlich, dass ich mich von dem immer wieder geleitet fühle, dass da eine ganz seltsame Verbindung ist. Also als ich 2000 querschnittgelähmt im Krankenhaus lag und gedacht habe, jetzt ist alles vorbei, und ich hatte nachts nicht schlafen können vor Schmerzen. Und ich hab eben mit dem Kopfhörer Wagnermusik gehört. Dann saß plötzlich er neben mir. Aber so klar, er war da schon gestorben. Und er hat eigentlich nur gesagt: „Mach Dir keine Sorgen. Das ist nur eine schamanistische Reise.“, hat er gesagt. Und dann war er wieder weg. Und der hat mich eben ein paarmal eingeladen zu sich in sein Allerheiligstes. Und all das, was er mir da gesagt und gezeigt hat, das begleitet mich ganz sehr. Zum Beispiel hat er einmal gesagt: „Es kommen furchtbare Zeiten auf uns zu, wo die Umweltzerstörung katastrophal ist, wo die Meere steigen werden, wo es Umweltkatastrophen unglaublichen Ausmaßes gibt, und Seuchen gibt. Aber Euch wird nichts passieren!“, hat er gesagt.
Govinda
Gibt Dir das Hoffnung?
Sepp
Ja, ja! Das gibt mir immer wieder Mut. Ja das wären jetzt die Allerallerwichtigsten und emotional Nächsten. Dann gibt es viele wie den Richard Bandler, den Hypnoselehrer, den Begründer von der Hypnotherapie.
Govinda
Ist das der, von dem Du das Ereignis erzählst mit dem Mann, der glaubte oder darauf bestanden hat Jesus zu sein?
Sepp
Der genau, das war er. So war der eben – so ganz, ganz kompromisslos und furchteinflößend auch. Und dann eben der Spezzano und der Dispenza. Aber das sind mehr so Facetten noch, nicht so etwas Grundsätzliches. Aber Hellinger, Osho, Waldhannes, Lore Perls, meine Eltern – vor allem die sind mir immer, immer präsent. Die sind immer neben mir. Und was immer ich spreche, oder was immer ich tue, da weiß ich immer ganz genau, von wem gerade das kommt. Und das hat auch eine große Kraft. Also gerade dieses – das kommt nicht grad aus mir, das kommt von viel weiter her. Und dann im Programm sind noch mein Großvater väterlicherseits und die dritte Frau von ihm, die ich als Großmutter kennengelernt habe, die aber nicht meine leibliche Großmutter war. Die haben mir auch einen unglaublich starken Segen mitgegeben und sind auch sehr starke Lebenslehrer. Die Uhrenkette (Sepp zeigt auf seine Taschenuhr), das ist etwas, was mein Opa immer gehabt hat. Die trage ich ihm zu Ehren und ihm zur Erinnerung. (Schweigen) Und interessant ist, dass eigentlich bei jedem von diesen Menschen ein Stück Ego gestorben ist, und ein Stück Ego zerstört worden ist, und dadurch immer etwas Größeres kam. (Schweigen) Und eine unglaubliche Liebe von allen zu mir kommt. Der Bert Hellinger zum Beispiel: Als die Vereinigung der Systemischen Familientherapeuten mich heraus geschmissen haben, da habe ich dann ihn angerufen und ihm wütend erzählt davon. Da hat er gesagt: „Bei mir bist Du immer willkommen.“ Und solche Dinge, die sind dann ein so ein großer Segen und so eine große Liebe. Oder der Waldhannes – wo ich, wenn ich bei ihm war das Gefühl hatte, der prüft mich. Und ich bin durch jede Prüfung durchgefallen. Mit Wünschelruten hat der viel gemacht und hat probiert, ob ich das kann. Und nicht im Traum konnte ich das. Und dann hat er mir einen riesigen Stein gezeigt. Der war so gelblich-bräunlich. Und ich sollte schätzen, was der wert ist. Und ich habe gesagt. „Keine Ahnung – nicht so viel. Ich weiß auch nicht, was das ist.“ Und das war ein Rohbernstein, also ein unglaublich kostbares Stück. Und so waren so viele Dinge, wo ich den Eindruck habe, er wollte da irgendwas testen. Und ich bin voll immer reinrasselt. Aber das hat ihn überhaupt nicht interessiert. Der war ja ein ganz alter Mann. Und eines Tages kam dann so ein kleiner Brief. Und da hat er geschrieben: „Ich möchte Ihnen das Du anbieten. Und ich möchte Dich bitten, dass Du der Nachlassverwalter von mir bist, und dass Du alle meine Schriften übernimmst.“ Aber das war unglaublich damals, weil ich immer gedacht habe, wenn ich in seinem Arbeitszimmer war, da war eine ganze Wand mit Aktenordnern in seiner kleinen Schrift beschrieben: „Oh Gott, ich würde da gerne mal einen Blick reinwerfen, von was der da alles gesammelt hat.“
Govinda
Und kam es dazu?
Sepp
Dazu kam es nie, weil nach seinem Tod die Witwe sogar mit mir prozessiert hat, dass sie das behalten will. Das war ganz spannend. Bei der Beerdigung hat man bemerkt, dass die vertuschen wollte, dass er keltisch gedacht hat, und wollte ihn unbedingt in den Schoß der katholischen Kirche zurückführen. Die Trauermesse war in Vierzehnheiligen in Gößweinstein. Und da waren so Mönche auch, die da mitgemischt haben. Das war total ekelhaft. Aber ich habe immer das Gefühl, das kommt noch irgendwie. Das wird sich alles noch regeln.
Govinda
Lebt sie denn noch?
Sepp
Das weiß ich nicht. Ich habe neulich mal angerufen. Die Nummer gibt es auf jeden Fall nicht mehr. Aber die Söhne habe ich noch nicht erreicht. Es gibt auch noch Söhne. Aber das ist nicht das Wichtige. Das viel Wichtigere ist dieser unglaubliche Segen, der auch von ihm ausging. Und ein vollkommen eigenwilliger, eigenartiger Mensch war das, wo allein wenn man ihn erlebt und kennengelernt hat, einen schon das ganz viel lehrt. Der war ja ursprünglich Förster. Er hatte immer so einen speckigen Försterhut auf, der richtig vom Greifen oben schwarz speckig war. Aber eine unglaubliche Macht hatte der Hannes, ein unglaubliches Wissen. Tja, wie reagierst Du, was willst Du noch wissen?
Govinda
Ich höre Dir erst einmal total gerne zu. Und was anklingt, was unter diesem Blick ähnlich ist, ist dieses Gefühl unter einem Segen zu stehen. Also mit einem liebevollen Blick in Schutz und Unterstützung. Schutz und Unterstützung unter dem liebevollen Blick von jemandem Größeren, der weit über mich und die jetzige Situation hinausschaut, der einfach mich unter seinen Schutz gestellt hat. Aus welchem Grund auch immer.
Sepp
Da ist ein tolles Gefühl, nicht? Aber das kann ja nicht funktionieren nur von dem Lehrer aus. Das funktioniert ja nur, wenn du auch dafür bereit bist und den Segen nimmst und eine Hingabe entwickelst. Und das war immer ein überwältigendes Gefühl für mich. Diese Hingabe zu spüren und zu wissen, ich täte alles dafür, ich gäbe alles dafür auf. Ich täte alles dafür hergeben, um in deren Nähe zu sein.
Govinda
Ja, da war ich noch zu jung, wenn ich an die Leute denke, die mir einfallen. Da war ich noch so jugendlich, motzig, trotzig. Aber was tatsächlich war – das waren auch so eigenwillige Menschen, auch gegen meinen eigenen Verstand war da eine Liebe. Aber ich hätte Dir aufzählen können, was an denen irgendwie komisch ist oder nicht richtig. Aber das hat nichts mit der Liebe zu tun gehabt. Und erst jetzt im Rückblick ist dieses Motzige, Trotzige weg, das Überhebliche und das Besserwissen. Jetzt ist eigentlich nur so das Staunen übrig, dass die mich – motzig, trotzig hin oder her – unter den Schutz gestellt haben und gefördert haben. Was mir dazu auffällt, die Männer, die mir dazu einfallen, sind alles Männer, die mir kurz nach dem Tod vom Papa begegnet sind, relativ gerade in der Zeit. Da passt auch ein wenig zu dem, was du gesagt hast, dass es auch irgendwie ein bestimmtes Alter gebraucht hat anscheinend, bis die Lebenslehrer kommen konnten wie bei deinen Eltern. Es war nicht so mein Plan mich führen zu lassen oder belehren. Belehrt haben sie mich sowieso nicht. Das ist ein völlig irrer Begriff. Das war ihnen, glaube ich, fern.
Sepp
Ja, das ist überhaupt so das Besondere. Wenn ich so bei mir schau, dann gab es ja viele Menschen, die mit heftigem Widerstand gegen mich waren. Oder viele Menschen, die mich für bescheuert gehalten haben oder für uninteressant. Und dass dann plötzlich irgendwelche große Personen auftauchen, die einen voll erkennen, und wo man gar nichts machen muss, und man plötzlich spürt. Wow! Da ist eine ganz große Einladung da.
Govinda
Na ja, die führen keinen Kampf.
Sepp
Na ja, und wenn, dann ist das ganz gezielt. Jetzt fällt mir grad noch der David Hoben ein, ein amerikanischer Therapeut, auch Jude, der während der Gestaltausbildung so 3 Wochen mit mir gearbeitet hat. Da hatte ich noch so ein Ziegenbärtlein, das aber noch für so ein bisschen Arroganz stand. Und er hat eines Tages zu mir gesagt, ich werde nur mit Dir arbeiten, wenn Du Dir diesen Bart rasierst. (Lacht) Und ich sehe mich heute noch vor dem Spiegel stehen heulend diesen Bart abschneiden. Also – er hat aber genau getroffen.
Govinda
Und konntest Du das damals schon verstehen. Oder ist das jetzt im Rückblick klar?
Sepp
Das ging dann ganz schnell. Das war in dem Moment schon so, dass etwas abgefallen ist, ein Stück Steifheit, ein Stück Starrheit, ein Stück Enge. Und dann gegen Ende von diesen 3 Wochen – das war in so einem französischen Schloss, und da standen so Steinsäulen vor dem Schloss – hat er sich splitternackt ausgezogen und ist auf so eine Säule hoch und hat dort posiert und hat geschrien: „I have given him life!“ Und das stimmt. Er hat ganz viel von der Starre weggemacht in der Zeit. Unglaublich. Eine schwierige Zeit war das für mich. Seine Frau hat dann gesagt, sie würde gerne mit mir schlafen, was mir grauenvoll war, weil mit einer Frau von einem Lehrer was zu machen. Ich habe das auch nicht gemacht. Das war halt noch so ein Stück, was nicht vorstellbar war. (Schweigen)
Das ist immer wieder immer noch schwer für mich auszuhalten, wenn mich dann jemand erwählt. Jetzt fällt mir gerade die Ulrike ein, die ja jetzt – ich weiß nicht, ob du dir das angeschaut hast, diesen langen Artikel über mich für die nächste Heimatzeitung geschrieben hat. 45 Seiten mit großen Fotos von mir aus allen Altersstufen, von meinen Vorfahren und, und, und. Und das hat mich schon reichlich gekostet, das zu akzeptieren, dass sie das macht.
Govinda
Und warum fällt Dir das schwer?
Sepp
Es ist immer noch so eine Scham da. Hoffentlich täuschst du dich da mal nicht! Ja, so was!
Govinda
Hast Du nicht mal erzählt, dass du das zum Waldhannes gesagt hast?
Sepp
Ja, zu dem habe ich das einmal gesagt.
Govinda
Seine Antwort, so wie ich sie erinnere: „Immer schön bescheiden bleiben.“
Sepp
Ja, genau. Und trotzdem ist das schwer. Jetzt gerade auch was die Ludwigsammlung betrifft, dass es so viele Männer gibt, die mir ihre Sammlung anvertrauen oder die Dinge über mich besorgen oder Filme über mich machen. Oder dass es echt schwierig ist sich zu verneigen und es zu nehmen. Und dass das in so einer Fülle passiert – immer wieder passiert. Ich weiß nicht, ob Du dabei warst, als ich über den gesprochen habe, der Dekorateur gelernt hat, und der dann weltweit Museen ausgestattet hat, und ein ganz gefragter Mensch ist große Inszenierungen zu machen. Und der hat eben auch eine Sammlung und auch einige Ludwig-Sachen. Und bei dem waren wir vor ein paar Tagen in München. Und dann sagt er; ja also, seine Frau und er haben beschlossen, dass ich seine Sachen alle mal kriege. Und ich bin immer wieder fassungslos. Außerdem gehört immer eine große Kraft dazu, das zu tragen, das zu nehmen in vollen Maße.
Govinda
Wahrscheinlich sind diese Menschen ja erst einmal froh, diese Dinge in guten Händen zu wissen. Aber auch zu wissen, welche Kraft es fordert, das zu nehmen. Auch jemanden zu finden, dem sie es zutrauen. Dass du das tragen kannst und letzten Endes auch tragen willst.
Sepp
Ja, und sicher auch wissen, wie sehr es in Ehren gehalten ist. Das hängt ja alles ganz eng zusammen.
Govinda
Man weiß dann nicht mehr, wer dann wem Lehrer ist in dem Moment. Aber vermutlich habt ihr euch ja auch auf Augenhöhe getroffen und einander gefunden und erkannt.
Sepp
Ja, ja – aber auch das ist dann immer, wie wenn der Himmel aufreißt. Zum Beispiel – eines Tages ruft der Bert Hellinger an, gratuliert zu dem Erfolg vor dem Bundesgerichtshof und bittet mich, ob ich ihm helfen kann, weil er jetzt das gleiche durchmacht, und er auch so verleumdet und verfolgt wird. Ob ich mit ihm den Kontakt zu dem Professor Kriele mache, der mich verteidigt hat. Er war – wahrscheinlich ist das so, dass jeder Mensch ja fast einmal damit rechnet, dass er von niemandem erkannt wird oder von niemandem gesehen wird, oder von jedem missverstanden wird oder was auch immer. Und dann ist es einfach unglaublich, überraschend und erschütternd, wenn es anders ist. Und dann gerade von Menschen, die einem unglaublich wichtig sind. (Schweigen) Von der Lore Perls, das habe ich glaube ich schon erzählt – als ich auf einem der letzten Seminare von ihr, ohne dass ich das so recht gemerkt habe, anscheinend die Gruppe sehr geführt habe. Und irgendwann kam da dann Widerstand aus der Gruppe. Sie haben schließlich ein Seminar bei der Lore Perls gebucht. Und was ich da immer …. Und dann sagt sie: „Lasst den Sepp mal. Ich würde mich schon rühren, wenn er das nicht in meinem Sinne machte. Er macht das ganz wie ich.“
Govinda
Ich finde, da kann man sehen, was für ein großer Mensch das ist. Dass sie sich nicht abgrenzen muss und sich nicht drüber stellen muss. Sondern dass sie halt beobachtet und sieht, das ist in meinem Sinne. Was muss sie sich rausstellen? Dem Hellinger sein Buch fällt mir da ein. Oder das hast glaube ich sogar du erzählt, dass er gefragt wurde – das klassische Familienstellen geht ja Vater – Mutter – Kind und halt eine Ahnenreihe, dass es aber jetzt so viele Patchworkfamilien gibt und Männer mit mehreren Frauen und, und, und … Und er hätte dann gesagt, das interessiert ihn nicht. Das sollen die machen, die nach ihm kommen.
Sepp
Ach ja, das war was anderes. Stimmt. Ich habe immer wieder gesagt, was mich etwas ärgert ist, dass Du Dich nicht mehr mit Gemeinschaften beschäftigst, und dass Du nicht siehst, dass Gemeinschaften etwas ganz ähnliches erschaffen können. Und dann hat er gesagt: „Das sehe ich schon. Das kannst ja Du mal machen.“
Govinda
Das ist was, was mich total berührt. Weil er das nicht weg macht, nicht minder macht sondern sagt, das ist nicht sein Thema. Also, er stammt aus einer Zeit, …
Sepp
Außerdem kam es ja dann noch. Extrem ist er dann auf die Sannyasins zugegangen und hat gerade dann den Osho gewürdigt. Und hat ja im Utah in Köln oftmals was gemacht. Das kam dann doch noch – wahrscheinlich durch die zweite Frau. Ich weiß nicht, ob die was mit Sannyasins zu tun hat – könnte gut sein.
Govinda
Es gibt auf jeden Fall viele Sannyasins, die Aufstellungsarbeit machen, nicht zuletzt im Utah.
Sepp
Das hat mich dann sehr gefreut, das in der Osho-Times zu lesen.
Govinda
Und er war dann tatsächlich im Utah?
Sepp
Ja, ja. Und ich kenne eben aus der frühen Zeit, dass er von Sannyasins verlangt hat, er arbeitet nur mit ihnen weiter, wenn sie die orangenen Kleider ausziehen und so. Sowas hat er auch gemacht. Das war vielleicht auch berechtigt. Das weiß ich nicht mehr im Detail, was da war.
Govinda
Und haben sie es getan?
Sepp
Ich glaube schon, ja. Das ist ja auch ein sehr berechtigter Hinweis, dass er sagt, dass Leute, die beim Osho sind, oft ihren Vater missachten und ihren Vater nicht anerkennen. Da ist unbedingt etwas dran. ( ….)
Govinda
Weißt du, woran sich das fest macht? Wie ist er zu der Beobachtung oder Erkenntnis gekommen?
Sepp
Naja, mir ist es sehr einleuchtend. Jeder, der einen Lehrer sucht, da ist schon auf jeden Fall einmal der Verdacht nahe: Wie steht´s mit deinem Vater? Hast du den genommen? Und das war bei mir sicher längere Zeit nicht der Fall. Also, ich war schon relativ alt so 26, bis ich dann in vollem Maß meinen Vater begriffen habe. Und da ist ja ganz leicht etwas Überhebliches dabei. Die Familie verlassen, die Familie missachten, und ihm dann folgen. Ich meine, es ist immer schwierig darüber zu reden. Es ist ja auch wichtig irgendwann – von der Familie abzufallen und sich selber zu finden. Und aus einer Enge herauszugehen. Und wahrscheinlich kann man dann erst aus der Distanz wieder die Eltern nehmen.
Govinda
Selbst so eine Achtung finden, glaube ich.
Sepp
(Stille) Das war schon eine gefährlich Ecke von unserer Jugend – diese Erziehung zu Kritikfähigkeit und diese Verurteilung vom Dritten Reich und das Kämpfen gegen Autoritäten und so. Und das hat der Bert Hellinger sicher öfter schmerzhaft wahrgenommen, dass jemand eine Mala umhängen hat von einem wildfremden Mann aber seinen Vater nicht im Herzen – und das ist natürlich schrecklich. (Schweigen)
Manchmal ist es kaum zu glauben für mich und kaum auszuhalten, was für ein fortwährender Regen an Segen und Liebe und Anerkennung einem begegnet im Leben. Welche unfassbaren Geschenke. Jetzt denke ich gerade an Frauen. Was man eigentlich auch noch dazu nehmen müsste – es gab auch einige Frauen, die mir Lebenslehrer waren. Also die mich als Mann in Beziehung zu Frauen verändert haben. Man muss da sehr aufpassen, wenn man von Lehrern redet, dass man so eine weibliche Art von Belehrung nicht vergisst, weil bei Lehrern denkt man immer eher an so etwas Männliches, Dominantes oder Lehre erteilendes. Aber es gibt auch eine feinere weibliche Art. Da gehört auch die Ulrike unbedingt dazu.
Govinda
Weil du das sagst, so dieses weibliche Belehren, fällt mir dieses Buch vom Osho ein „Der Weg der weißen Wolke“. Kennst Du es auch?
Sepp
Ja – das ist mein allererstes Osho-Buch. Ein Universum an Bestätigung und Erkenntnis war das für mich.
Govinda
Das ist das einzige Buch, das mir vom Inhalt, wo mir dieses Buch und das Thema ganz präsent geblieben ist.
Sepp
Das freut mich, dass Du das so sagst. Das ist bei mir genauso. Also, da gibt es kein Buch, was dem gleich kommt in seiner erschütternden Wirkung.
Govinda
Und da war ja die Frage: Warum gibt es so wenige weibliche Lehrer?
Sepp
Ja – ist das da drinnen?
Govinda
Das ist das Leitthema, das in mir geblieben ist. Er antwortet, dass man nur etwas lehren kann, was einem gelehrt worden ist. Und da geht es ja um den Weg der Meditation. Er sagt, Männern lehrt er die Technik. Männer brauchen etwas für den Kopf. Sie brauchen Technik. Deshalb gibt es dann auch Meditationslehrer. Der Weg der Frauen zur Meditation ist die Liebe. Was ich mir gemerkt habe: Lieben ist wie Ertrinken. Und Ertrinken kann man niemanden lehren. Das ist der Kernsatz, der mir davon geblieben ist. Was ist in dir geblieben?
Sepp
Bei mir ist es das, was schon im Titel drin ist. Dieses immer geschehen lassen. Dieses nie Eingreifen. Dieses einfach dem Weg der Wolke zu folgen. Alles geht vorbei. Und irgendwann kommt was Neues. Dieses ganz tiefe Verstehen von Zeuge sein. Aber du hast natürlich recht. Das ist das, was ich meine bei diesen Frauen, mit denen ich zusammen war. Dass das in Stufen so ging – wie soll man das sagen – dass man als Mann aufhört Macht auszuüben oder was zu manipulieren, sondern in vollem Maße zu nehmen. Also vorher habe ich einfach nicht die tiefere Hingabe wahrgenommen oder genommen. Sondern ich musste irgendetwas dafür tun. Ja, man kann das erzwingen oder auch manipulieren. Ja, und das waren ein paarmal ganz große Schritte. Staunend zu sehen, ich brauch gar, gar, gar nichts zu tun außer nehmen.
Govinda
Bei mir ist es immer mitgehen dürfen, mich anschließen dürfen. Wie ich am Anfang oft im Stress war, wenn du von Visionen gesprochen hast. Und: was ist Deine Vision?
Sepp
Ja, ja. Aber das ist ja zutiefst weiblich und okay. Aber umgekehrt ist es eben für einen Mann so schwierig, dass er das nicht verdienen muss. Im Kopf von einem Mann ist, er muss es verdienen, was ja irgendwo auf einer anderen Ebene auch stimmt.
Govinda
Und ich habe wirklich ganz lange gebraucht, um zu verstehen oder zu spüren, dass das nicht ganz stimmt. Also dass es eine Art von Vision gibt, aber die ist eher die Wolke. So etwas Namenloses, Konturloses, so …. Der Schwarm! Da ist sehr wohl etwas, aber es hat noch keine äußere Form gehabt. Ich hatte keine Idee, wie das geht. Und dann habe ich auch gedacht, ich erlaube es mir nicht irgendwie im Außen etwas zu gestalten. Und das ist dann wieder für mich ganz schwierig. Immer noch. Immer wieder. Aber es ist jetzt so ein innerer Raum. Und der ist letzten Endes Vision. Aber bei mir ist es immer noch, ich brauche es immer noch, dass ich wo folgen darf. Und das entspricht gar nicht meinem Selbstverständnis. Ich habe das Gefühl, ich muss es machen, ich muss es gestalten. Aber da kommt nichts dabei heraus, weil es gibt nichts wirklich, oder ganz selten – ich weiß auch nicht, dass klar ist, das ist zu tun.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, trotz der späten Uhrzeit.